Von kleinen Leuten und großen Sensationen

Friedemann Ohms, Päd. Fachkraft, Fachberater Psychotraumatologie

Dabeisein am besten auf einem der bevorzugten Plätze. Das gab es schon zu Jesu Zeiten.

Unser Medienverhalten in dieser Zeit ist geprägt vom unmittelbaren Dabeisein. Uns genügt es nicht mehr, einfach einer Geschichte zuzuhören, einen Bericht zu lesen oder Neuigkeiten vom Nachbarn zu erfahren. Es muss "live" sein! Die Medien bedienen dieses Bedürfnis.

Dabeisein am besten auf einem der bevorzugten Plätze. Das gab es schon zu Jesu Zeiten. Wenn Jesus unterwegs war, um zum Volk zu reden, Wunder zu tun und zu helfen, sammelte sich oft eine große Menschenmenge. So war es damals auch in Jericho, heute Grenzstadt zu Jordanien in den palästinensischen Autonomiegebieten. Alle wollten sehen, ob dieser Wanderprediger wieder etwas tat, das Aufsehen erregte.

Als Jesus durch die Gassen ging, erblickte er einen Mann von kleinem Wuchs, der auf einen Baum geklettert war, um besser sehen zu können. Diesen sprach Jesus direkt mit seinem Namen an: "Zachäus, steig herab. Bei dir will ich heute einkehren!" (Lukas 19,5) Zachäus war aber ein berüchtigter Betrüger und Steuereintreiber.

Die Begegnung mit der Person Jesus veränderte sein ganzes Leben. Die sensationslüsternen Leute, die alle gekommen waren, um ein Wunder mitzuerleben, waren verärgert. Ihre Erwartungen wurden nicht erfüllt. Das Wunder vollzog sich privat im Haus von Zachäus: Er und seine Angehörigen kehrten radikal um. Er zahlte alles ergaunerte Geld zurück und setzte Gott an die erste Stelle in seinem Leben. Und das feierte Jesus mit ihm.

Jesus hatte nicht die Frommen, die Guten, die Bedeutsamen von Jericho dafür auserwählt, sondern einen kleinen Mann. So kümmert sich auch Jesus heute noch um die kleinen Leute. Man muss nichts mitbringen an guten Taten und frommen Vorsätzen. Jesus kennt das gute Potential eines jeden. So liebevoll und einladend schaut er den Menschen an: die Krankenschwester, die Verkäuferin, den Rentner auch den Obdachlosen, den Kranken, den Erfolglosen, den Sträfling. Er, der Auferstandene, kennt unseren Namen und will, dass wir von unserem Baum herabsteigen und mit ihm unsere Umkehr feiern.

Friedemann Ohms, Päd. Fachkraft, Fachberater Psychotraumatologie

Veröffentlicht am Fr 10.09.2021