Doch das Erinnern ist wichtig. Das Erlebte im Krieg hat auch die nachfolgenden Generationen beeinflußt. Auch das Leben der Kriegsenkel hat sich dadurch verändert.
Die Erlebnisse waren unterschiedlich: eigene Verletzungen, Todesangst, der Tod von Kameraden, das Töten von Anderen, die Angst um die eigene Familie und deren Verlust, die Bombennächte, die Flucht und Vertreibung, Hunger, Vergewaltigungen auch nach Kriegsende.
Diese Gewalterfahrungen haben in einer ganzen Generation tiefe Spuren hinterlassen.
Es sind Traumata zurückgeblieben, weil die Menschen erleben mussten, dass sie lebensbedrohlichen Situationen hilflos ausgeliefert waren.
Während des Krieges und danach war kein Raum, um darüber zu sprechen. Kriegsrückkehrer behielten ihre Erfahrungen für sich und litten weiter daran.
Die nachfolgenden Generationen sind mit dem Schweigen der Eltern aufgewachsen. Aber das Verhalten der Mütter und Väter war durch diese Erlebnisse geprägt. Es hat ihren Umgang mit ihren Kindern und Enkeln bestimmt und dadurch sind die Traumatisierungen weitergegeben worden.
Gerade die dritte Generation versucht heute mehr denn je, den Familiengeheimnissen auf die Spur zu kommen, weil sie merken, dass da etwas nicht stimmt in der Familie. Sie stellen Fragen, auf die sie keine Antworten bekommen.
Deshalb ist es wichtig, Erinnerungsorte zu pflegen, an denen es möglich ist, das vor der Geburt geschehene fassbar zu machen. Einen gemeinsamen Ort der Trauer zu haben. Gerade deshalb bleibt der Volkstrauertag wichtig auch für diejenigen, die den Krieg selber nicht miterlebt haben, aber bis heute unter den Folgen dieses Krieges leiden.
„Was ans Licht kommt, wird Licht!“ (Eph. 5,14)
Pastorin Gabriele Kliefoth, Notfallseelsorgerin und traumazentrierte Fachberaterin
