Kopf aus! Komm, wir spielen!

Moritz Keppel, Vikar in der Bugenhagen-Kirchengemeinde Klein Nordende

„Spielst Du was mit mir?“ – Auf diese Frage muss ich nicht lange warten, wenn ich meinen Neffen Bosse und meine Nichte Lina besuche.

... Angesagt sind Legosteine, die Schule von Playmobil und ein Quartett mit schnellen Autos.

Und natürlich spielen wir, was das Zeug hält und die Zeit vergeht dabei wie im Fluge. Das Spielen mit meiner Familie tut mir gut. Es lässt mich schlagartig etliche Jahre jünger werden – wann kann ein Erwachsener schon mit Lego spielen, ohne schief angeschaut zu werden?  
Am Mittwoch hat die Passionszeit begonnen. Die Evangelische Kirche stellt sie dieses Jahr unter das Motto „Spielraum! 7 Wochen ohne Blockaden“. Das Spielen führt uns wieder zurück zu unserem ersten Lebensabschnitt, der Kindheit. Es führt aber auch unsere Welt zu ihren Ursprüngen zurück. Ohne Gottes Schöpfungswerke könnten wir nicht leben: Sonne, Luft zum Atmen, Wasser – das gehört alles zwingend zur Welt. Das Spielen taucht hier zunächst nicht auf. Unsere Welt würde sich auch weiter drehen, gäbe es das Spielen nicht.   
Im Alten Testament, im Sprüchebuch, wird davon erzählt, wie bei der Schöpfung der Welt die Weisheit dabei war. Sie verstehe ich als das kreative, spielende Gegenüber Gottes. Die Weisheit spricht dort über sich selbst: „Ich spielte auf Gottes Erdkreis.“

Spielen mag zwar nicht notwendig sein. Doch sinnvoll und weise ist es allemal. Thomas von Aquin sagte einmal: „Wer nie spielt, der sündigt.“ Denn er verstand: Das Spiel ist die beste Medizin gegen Druck, Stress oder andere Blockaden. Das Spiel ist zweckfrei, und gerade darin liegt seine Stärke: Ich muss nichts leisten oder können, ich kann so sein, wie ich bin. Ich darf mich ausprobieren, ich darf neue Wege gehen.

Wer spielt, der bekommt den Kopf frei, ja, man könnte sagen: Wer spielt, wird wieder an den Beginn der Schöpfung zurückgeführt.

 

Vikar Moritz Keppel

Veröffentlicht am Mi 17.02.2021