„Hier stehe ich, ich kann nicht anders. Gott helfe mir!“

Propst Dr. Thomas Bergemann, Propstei Nord

Wofür stehen wir als Christen ein? Worin sind wir erkennbar? Worin unterscheiden wir uns von Nicht-Christen? Gibt es da überhaupt Unterschiede? Geistliche Worte zum Reformationstag.

So oder so ähnlich werden Luthers abschließende Worte auf dem Reichstag zu Worms 1521 überliefert. Welch eine beeindruckende Szene: Ein scheinbar unbedeutender Mönch aus Deutschland bietet dem Kaiser eines Weltreiches die Stirn und bleibt standhaft bei seiner Überzeugung.

Das ist nun genau 500 Jahre her. Und jeder evangelische Christ kann sich an dieses Ereignis erinnern und ein wenig stolz darauf sein, in dieser kämpferischen Tradition zu stehen.

Aber das ist ja nicht alles, nicht einmal das Entscheidende. Worauf es auch heute noch ankommt: Wofür stehen wir als Christen ein? Worin sind wir erkennbar? Und – ja auch dies – worin unterscheiden wir uns von Nicht-Christen? Gibt es da überhaupt Unterschiede? Oder kommt es vielleicht einfach nur darauf an, ein freundlicher Mensch zu sein, offen, liberal, mit möglichst wenigen Ecken und Kanten?

Das hätte Luther sicherlich nicht so gesehen. Für ihn kam es darauf an, aus dem Vertrauen heraus zu leben, dass wir ohne Vorbedingung von Gott angenommen sind. Und das hat dann konkrete Auswirkungen: Wer davon überzeugt ist, der muss sich nicht auf Kosten anderer profilieren. Der kann selbstbewusst sein Leben in die Hand nehmen und Widerständen gelassen begegnen. Denn er weiß sich stets in Gottes Hand geborgen. So dichtet und singt Luther und wir mit ihm: „Ein feste Burg ist unser Gott!“

Da ist nichts von konfessioneller Überheblichkeit, nichts von christlicher Arroganz. Aber auch nichts von Verzagtheit oder von Orientierungslosigkeit. Darin dürfen wir durchaus erkennbar sein. Und darin finden wir die Kraft, anderen Menschen und der ganzen Schöpfung, in der wir leben, verantwortungsvoll, dankbar und fröhlich zu begegnen. Mehr geht nicht!

Propst Dr. Thomas Bergemann, Propstei Nord

 

Veröffentlicht am Fr 29.10.2021