Gerechtigkeit – jedem das Gleiche?

Antje Stümke, Pastorin in der Kirchengemeinde Barmstedt

Trachten wir nach einer Gerechtigkeit, in der die Bessergestellten freiwillig zugunsten derer verzichten, die wenig oder gar nichts haben.

Bye-bye 9-Euro-Ticket – trotz übervoller Züge haben wir dieses Entlastungspaket der Bundesregierung genossen. Egal, ob wir es finanziell nötig hatten oder ob wir uns für den Tagestrip nach Sylt auch ein normales Ticket hätten leisten können. Viele Menschen jedoch sorgen sich zu Recht wegen der zusätzlichen Kosten für Lebensmittel und Energie. Denn wer schon vor dem Krieg sparsam leben musste, könnte nun wegen Putins Politik in die Armut abrutschen.

Diese Menschen brauchen natürlich weiterhin finanzielle Unterstützung. Aber brauchen wir diese Hilfe des Staates wirklich alle? So wie alle von 9-Euro-Ticket und Tankrabatt profitieren konnten? Viele verdienen doch gut genug, um auch höhere Preise bezahlen zu können.

Das sogenannte Gießkannenprinzip ist darum nur vordergründig gerecht. Zwar sind vor dem Recht alle gleich. Darum ist es so schwer mit der Gasumlage, in deren Genuss auch Konzerne kommen können, die in der Krise Gewinn gemacht haben. Der Rechtsgrundsatz, der der Gießkanne zugrunde liegt, lautet schon seit der Antike: „Jedem das Gleiche“.

Egal, ob 9-Euro-Ticket oder Umlagebeteiligung. Es gibt aber ebenfalls seit der antiken Philosophie eine zweite Form der Gerechtigkeit, die da lautet: „Jedem das Seine“. Alle möge das bekommen, was er oder sie tatsächlich braucht. Das wären dann ungleiche Geldbeträge, sowohl absolut als auch prozentual. Es wäre eine Gerechtigkeit, die auf Einsicht, Nächstenliebe und Solidarität derer baut, die genug Geld haben.

Es wäre eine Gerechtigkeit, in der die Bessergestellten freiwillig zugunsten derer verzichten, die wenig oder gar nichts haben. Es wäre die Gerechtigkeit, zu der Jesus in der Bergpredigt auffordert: „Trachtet am ersten nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch solches alles zufallen!“ Hoffen und beten wir, dass sich diese Form der Gerechtigkeit in unserem Denken als Gesellschaft durchsetzen möge!

 

Ihre Pastorin Antje Stümke, Kirchengemeinde Barmstedt

Veröffentlicht am Sa 03.09.2022