Ängste überwinden – nicht nur am Reformationstag

Pastor Ralf Greßmann, Münsterdorf

Luther hat daran geglaubt, dass Gott uns zur Seite steht. Gott war für ihn ein Schutz gegen alles Böse von außen und von innen.

Martin Luther wusste, was es bedeutet, Angst zu haben. Mal waren es die Naturgewalten, die ihn in Panik versetzten, mal waren es die Drohungen der damaligen Gewaltherrscher. Am meisten Angst hatte er aber vor seiner eigenen Seele, in der sich ein furchteinflößendes Gottesbild festgesetzt hatte.

Martin Luther versuchte, seine Ängste zu überwinden. Dieser Kampf gegen die Angst war heilsam für ihn selbst, aber auch hilfreich für andere. Ich bin schon lange dabei, das Denken an Martin Luther wach zu halten. Ich erinnere gerne an seinen Mut und an die Reformen, die er damals in Gang gesetzt hat. Aber seine Ängste fand ich lange überholt und vom Fortschritt überwunden: Gegen Naturgewalten schützen uns Blitzableiter und das THW, gegen gewalttätige Herrscher helfen Verfassungen und Verträge und gegen finstere Seelenbilder wirken Vernunft und Psychotherapien.

Dann aber kam die Flut des kleinen Flüsschens Ahr, es begann der schreckliche Krieg in der Ukraine und überall fanden sich beängstigende Verschwörungsgeschichten. Seitdem verstehe ich die Ängste Luthers besser. Ich finde es lebenswichtig, dass wir seinen Kampf energisch weiterführen. Nur wenn wir uns nicht in Panik versetzen lassen, werden wir uns unsere Menschlichkeit bewahren. Nur wenn wir uns von solchen Ängsten, die von vielen Seiten auf uns eindringen, nicht irremachen lassen, können wir hilfreich sein. Luther hat daran geglaubt, dass Gott sich dabei auf unsere Seite stellt. Gott war für ihn ein Schutz gegen alles Böse von außen und von innen. Mögen auch wir diesen Schutz zu spüren bekommen.

Pastor Ralf Greßmann, Münsterdorf

Veröffentlicht am Fr 28.10.2022