Auf Holzbrettern am offenen Grab liegt ein Leinentuch, das 150 Kili Erde enthält. Dies ist eine Reerdigung.

Neuer Trend: Reerdigung

Natalie Lux

Ein Mensch verstirbt. Er wird auf Stroh und Grünschnitt gebettet in einem Behältnis, das einem Sarg ähnelt. Dieses wird verschlossen. Natürliche Mikroorganismen verwandeln den verstorbenen Körper in 40 Tagen zu Erde. Danach wird die Erde auf einem Friedhof in einem Leinentuch (siehe Foto) bestattet. Diesen Prozess nennt man Reerdigung.   

Als bisher einziges Bundesland gestattet Schleswig-Holstein Reerdigungen. Auf dem großen evangelischen Friedhof in Elmshorn wurden gerade im neuen Bestattungswald 80 Plätze für die neue Bestattungsform ausgewiesen. Im vergangenen Jahr hatte bereits auf einem anderen Teil des Friedhofs eine Reerdigung stattgefunden. Auch auf anderen Friedhöfen in unserem Kirchenkreis sind Reerdigungen möglich. Im Kreis Steinburg, so berichet Beritt Mahrt vom Friedhofswerk, sei bisher nicht danach verlangt worden. In einem Bestattungswald können aber bisher einzig in Elmshorn Reerdigungen angeboten werden, denn die privatwirtschaftlichen Ruheforsten und Friedwälder gelten nicht als Friedhöfe und nur auf einem Friedhof ist derzeit diese Bestattungsform möglich. 

Warum entscheiden sich Menschen für eine Reerdigung? "Sie wird als besonders naturnah empfunden", sagt Torsten Kock, Leiter des Elmshorner Friedhofs. Die Vorstellung, verbrannt zu werden oder in einem Sarg unter der Erde zu liegen, behage nicht jedem. Der Gedanke hingegen, auf Stroh gebettet in einem Kokon zu vergehen, fühle sich für manche Menschen sanfter an. Reerdigungs-Unternehmen wie "Meine Erde" werben zudem damit, dass diese Bestattungsform ökologischer sei. Die These ist aber noch umstritten. 

Propst Thielko Stadtland begrüßt die neue Bestattungsform als weitere Wahlmöglichkeit: "Die Reerdigung ist eine naturnahe und umweltfreundliche Bestattungsform und eine gute Alternative zur Feuerbestattung. Sie passt auch theologisch in meine Vorstellung vom Tod und Auferstehung. Die Reerdigung ist ein Prozess, der nicht plötzlich passiert, sondern 40 Tage dauert. Auch in der Bibel gibt es viele Prozesse, die 40 Tage dauern. Diese neue Bestattungsform ist für mich stimmig. Es ist zudem gut, wenn Friedhöfe Angebote möglich machen, für die es eine Nachfrage gibt." 

Der Kokon, in dem die Transformation des verstorbenen Körpers stattfindet, steht derzeit in Mölln und wird von der Firma "Meine Erde" betrieben. Anbieter auf dem Gebiet unseres Kirchenkreises gibt es noch nicht. Die zirka 150 Kilo Erde werden nach 40 Tagen nach Elmshorn gefahren und dort bestattet. Dazu wird das Leinentuch auf Bretter gelegt und etwa einen Meter tief (mit einer Überdeckung von 50 cm Erde) in den Boden eingelassen - so wie es in längst vergangenen Zeiten, als Särge noch nicht übich waren, geschah. Theologisch möglich ist die Trauerfeier zu diesem Zeitpunkt, aber auch bereits am Kokon in Mölln. Wie das in der Praxis künftig laufen wird, wird sich entlang der Wünsche der Angehörigen entwickeln. Das Grabfeld ist insgesamt 1 x2,50 Meter groß und kann nach den Wünschen der Angehörigen gestaltet werden. Die Ruhezeit beträgt ebenfalls 25 Jahre.

Friedhöfe im Kirchenkreis Rantzau-Münsterdorf

Zum Weiterlesen (kommerzielle Anbieter): 

MEINE ERDE: Anbieter für die Reerdigung | natürliche Bestattung (meine-erde.de) 

Reerdigung - die ökologische Bestattungsalternative

Veröffentlicht am Mi 12.06.2024