Was war mit den alten Glocken passiert?
Zwei Bronzeglocken gab es bis zum Ersten Weltkrieg in der Glockenstube des Glückstädter Turms. Doch dann wurde Bronze wichtiges Kriegsmaterial und eine der Glocken eingeschmolzen. Glocken wurden seinerzeit in vielen Gemeinden zu Granaten. Die kleine Bronzeglocke von 1623 verblieb den Glückstädtern jedoch. Sie war1623 von Christian IV. der Stadt gespendet worden. Als Ersatz für das beschlagnahmte Geläut erhielt die Kirchengemeinde drei große Eisenglocken. Lebensdauer: Zirka 80 Jahre. Das Verfallsdatum somit bereits deutlich überschritten. Der Rost nagte schon seit Jahren an den Exemplaren in Glückstadt.
Kleine Bronzeglocke wandert an ursprünglichen Ort
Die kleine Bronzeglocke ist indes immer noch zu gebrauchen und wurde mit aufgehängt. Und zwar – zusammen mit den beiden neuen großen – in der ursprünglichen Glockenstube. Die Kirchengemeinde schreibt dazu: „Während die alten Eisenglocken unter dem Turmdach verbleiben und durch ihr Gewicht von drei Tonnen den Turmhut gegen die immer stärkeren Stürme schützen, werden die neuen Bronzeglocken eine Etage tiefer in der restaurierten und verstärkten Glockenstube aus dem 17. Jahrhundert aufgehängt. So erhalten die Glocken auch wieder ihren ursprünglichen Ort.“.
Die neuen Glocken kosteten 110.000 Euro
Die erste Glocke wiegt 887 Kilo und hat den Ton e‘. Inschrift: Gegründet auf Toleranz und Freiheit der Religion möge diese Kirche der Gemeinschaft in dieser Stadt dienen.
Die zweite wiegt 406 Kilo und hat den Ton a‘. Inschrift: Im Angesicht von Krieg, Verfolgung und Flucht möge diese Stadt Schutz bieten.
Die dritte wiegt 293 Kilo und hat den Ton c‘‘. Inschrift: Umgeben von steigendem Wasser sind wir der Bewahrung dieser Erde verpflichtet. Die Kosten für die neuen Glocken belaufen sich auf zirka 110.000 Euro. Durch Spenden kamen bisher 78.000 Euro zusammen
Entstanden sind die neuen Glückstädter Kirchenglocken in einer hessischen Glocken- und Kunstgießerei. Zuerst werden die Gussformen gefertigt und dann flüssige bis 1200 Grad heiße Bronze eingegossen. Kirchenvertreter*innen waren angereist, um dieser besonderen Arbeit und Zeremonie selbst beizuwohnen.
Mehr Info über die Glocken und ihre Geschichte lesen Sie hier:
- In der Infobroschüre "Neue Glocken für die Stadtkirche" auf www.kirche-glueckstadt.de
- Im YouTube-Film Drei neue Glocken für die Stadtkirche Glückstadt - Der Film
Hintergrund der Geschichte
Glocken zu Granaten – nicht nur in Glückstadt
Per Erlass mussten alle Kirchengemeinden im Deutschen Reich 1917 eine Auflistung ihrer Bronze-Glocken bereitstellen. Je nach kunsthistorischem Wert wurden die Glocken in eine von drei Kategorien einsortiert. Nur die Kategorie C überlebte im Kirchturm, die nicht ganz so wertvollen Exemplare wurden nach und nach eingezogen. Die jeweils kleinste Glocke durften die Gemeinden behalten, so wie auch in Glückstadt geschehen.
Zum Nachlesen: Artikel aus der Zeitung „Welt“
https://www.welt.de/geschichte/article165735181/Erster-Weltkrieg-Als-Kirchenglocken-zu-toedlichen-Granaten-wurden.html
