Beim Gemeindefest wird Kuchen gegen Spende ausgegeben. Der Kirchenmusiker spielt in mehreren Kirchen die Orgel. Zwei Gemeinden teilen sich eine Diakonin. Im Gemeindehaus wird ein Flohmarkt veranstaltet. Was alle diese Szenarien gemeinsam haben? Sie sind ab nächstem Jahr prinzipiell umsatzsteuerpflichtig.
Eine Gesetzesänderung, zu finden unter dem Namen „§2b Umsatzsteuer“, hat für den öffentlichen Dienst und damit auch für die Kirche große Auswirkungen. Die neue Regelung besagt, dass alle Dienstleistungen, die eine Körperschaft des öffentlichen Rechts von „außen“ – dazu zählt auch die Nachbargemeinde oder der Kirchenkreis – einkauft oder sich schenken lässt, ab 2023 umsatzsteuerbar sind.
Zu trennen ist zwischen hoheitlichen Aufgaben, also jenen, die die kirchliche Einrichtung „kraft öffentlichen Rechts zu erfüllen hat“ und gewerblichen, welche „am Markt“ erworben werden können. So kann auf dem Friedhof eine Bestattung nur die Kirche durchführen, die Grabpflege aber ist gewerblich.
Mit der Umsatzsteuer auf gewerbliche Leistungen soll dem Wettbewerbsvorteil, den eine kirchliche Einrichtung gegenüber einem kommerziellen Dienstleister hätte, begegnet werden. Die Krux dabei: Es ist ganz gleichgültig, ob diese Leistung tatsächlich bezahlt oder etwa zum Beispiel gegen Spende abgegeben oder verschenkt wird. Was zählt ist, dass es sich nicht um eine hoheitliche, sondern eine gewerbliche Leistung handelt.
Viele Kirchengemeinden müssen nun Lösungen etwa für ihre Mitarbeitenden im Jugend- und Musikbereich suchen. Denn diese sind häufig anteilig in mehreren Körperschaften tätig. Auch Veranstaltungen sind betroffen, selbst wenn man statt Eintritt nur eine Spende nimmt. Erfahrungswerte und Best-Practice-Beispiele gibt es noch nicht, denn die Umsatzsteuer ist auch für die Kommunen neu. Alle sind nun gebeten, ihren Haushalt einmal Posten für Posten auf der Suche nach gewerblichen Leistungen durchzuschauen und dem Kirchenkreis eine Aufstellung zukommen zu lassen. Auch Arbeitsverträge müssen geprüft werden, genauso wie weitere Dienstleistungen, z.B. der nicht-hoheitliche Teil im Bereich Friedhof.
Verwaltungsleiterin Sabine Tischendorf hatte bereits Info-Veranstaltungen für Kirchengemeinderäte angeboten und wird gemeinsam mit dem Kichenkreis Dithmarschen Online-Schulungen durchführen Außerdem berät das Team aus dem Kirchlichen Verwaltungszentrum Kirchengemeinden weiter individuell. Ziel ist, Steuerpflicht dort zu vermeiden, wo Aufgaben anders strukturiert werden können und dort, wo es zur Steuerpflicht kommen wird, diese zu erkennen und vorbereitet zu sein.