Gedanken zum Monat: Spielräume

Claudia Köckert, Pastorin in Breitenberg und pröpstliche Referentin

Gedanken zum Monat von Pastorin Claudia Köckert

Welche Grenzen möchten Sie gerne überschreiten? Vor einem guten Jahr wären unsere Antworten mit Sicherheit anders ausgefallen. Heute sehnen wir uns danach, einmal wieder ausgelassen mit Freundinnen und Freunden zusammen zu feiern, ins Kino zu gehen, ohne Angst und Sorge die Eltern zu besuchen – all diese Grenzen zu überschreiten, die wir einhalten müssen, weil wir unsere Nächsten lieben, wie uns selbst.

Mitte des Monats beginnt, wie jedes Jahr, die Fastenzeit und damit die Aktion der evangelischen Kirche „7 Wochen ohne“. Das Motto in diesem Jahr lautet: „Spielraum – 7 Wochen ohne Blockade.“

Wo haben wir im Moment Spielräume – im wahrsten Sinne? Orte der Unbeschwertheit, des Genusses, der Leichtigkeit? Ich bin mir ganz sicher, es gibt diese Orte für Sie! Die Natur, die weite unserer Landschaft ist so ein Raum. Daneben sind es Momente der Innerlichkeit, des „auf-mich-selbst-Hörens“. Auch diese Räu-me sind vielleicht im Moment größer.

Leider sind es auch die Orte der Begrenzung, Orte der Blockade. Vieles geht noch immer nicht so, wie wir es uns wünschen. Auch in der Kirche ist das so – wir wünschten uns das Gott weiß wie sehr, anders! Und immer mehr und immer häufiger nehme ich wahr, dass neben der Wut oder der Enttäuschung über die Situation auch Grenzen des Anstands und der Mitmenschlichkeit überschritten werden. Erwartungen, die nicht erfüllt werden können, werden ohne Gnade hochgeschraubt und ohne Sinn und Verstand herausposaunt.

Sollten wir uns nicht viel stärker auf und über unsere Spielräume freuen und diese kreativ und liebevoll  nutzen? Was nützt es, dass wir uns aufregen darüber, dass man nun auch noch während eines Gottesdienstes Maske tragen muss – ist es nicht schön genug, dass wir überhaupt Gottesdienst feiern können miteinander? Ganz oft eröffnen die Spielräume sich auch erst, wenn wir uns mit Situationen abfinden lernen. In Gelassenheit und Ruhe lösen sich Blockaden mitunter wieder, mit denen wir jahrelang gekämpft haben.

Um Spielräume zu genießen brauchen wir auch einen festen Stand, eine Kontinuität, auch eine Beharrlichkeit. Spielräume zu entwickeln bedeutet, Neues zu erfahren aber auch Altes zu erweitern. Im Festen steckt nicht immer nur eine Blockade, erst wenn die Lockerheit fehlt, wird es zu eng, blockiert. Es braucht also immer beides, den festen Stand und das lockere Spielbein, um am Ende zum Torerfolg zu kommen – im Bilde gesprochen.

Probieren wir die Spielräume in diesen sieben Wochen ohne Blockaden aus, und bemühen wir uns,  andere auch nicht zu blockieren, wenn sie ihre Räume erweitern und erkunden wollen!

Veröffentlicht am Mi 24.02.2021