Seit drei Jahren gibt es keine zentrale Leitung des Kirchenkreis-Jugendwerks mehr. Stattdessen hatte sich die Synode noch in der vergangenen Legislatur für eine dezentrale Leitung aus den Kirchengemeinden heraus entschieden. Fünf Jugendmitarbeitende und der zuständige Propst teilen sich Leitungsaufgaben. Dieses Modell ist möglich durch das Kirchenkreis-Jugendkonzept aus dem Jahr 2009. Mit dem Konzept wurden gezielt Stellen im Mindestumfang von 50 Prozent für Diakone und Gemeindepädagoginnen in den Kirchengemeinden angesiedelt und vom Kirchenkreis hälftig refinanziert. Über die Ansiedlung entschieden die Regionen.
Herr Propst Stadtland, Sie haben bei Dienstantritt einen Synodenbeschluss vorgefunden, das Jugendwerk zu dezentralisieren. Wie ist das gelungen?
Ich finde gut. Sicherlich wären manche Aufgaben sowie die Kommunikation mit einer zentralen Stelle einfacher und direkter zu bewältigen. Aber in unserem Team kommen viele Gaben und Fähigkeiten zusammen. Jede Aufgabe kann von demjenigen bearbeitet wird, der oder die das am besten kann. Einer ist sehr gut im Bereich Kindergottesdienst, eine zweite hat den Überblick bei Jugendfahrten und Zuschüssen. Insgesamt haben wir alle wichtigen Positionen besetzt. Das Team muss natürlich sehr vernetzt arbeiten und da ist nicht zuletzt die Kommunikation anspruchsvoll. Aber unsere Hauptamtlichen bekommen das hin.
Und was genau macht das Leitungsteam?
Wir treffen uns im Leitungsteam einmal im Monat für zwei Stunden. Hier sind die Hauptamtlichen vertreten, die zentrale, unverzichtbare Aufgaben des Jugendwerks übernommen haben. Das sind die Vertretungen in der Jungen Nordkirche und in den Kreisjugendringen, die Konventsleitung der Hauptamtlichen, die begleitende Zuständigkeit für Jugend-Ausschuss und Vollversammlung der Jugend und die Zuständigkeit für die Fort- und Weiterbildung und die Qualitätsstandards. Da Leitung unter Gleichen schwierig ist, liegt die Aufgabensteuerung bei mir als dem zuständigen Propst. Im Leitungsteam ist dann Kommunikation Trumpf, damit das Jugendwerk nicht in Einzelteile zerfällt. Wir schauen auch gemeinsam auf Entwicklungen – auch auf die kritischen. Die Pluralität hilft uns dabei sehr. Insgesamt – so finde ich – klappt das alles richtig gut.
Welche Anforderungen stellt der Kirchenkreis an die Qualifikation der Hauptamtlichen?
Bislang sind die Profile sehr unterschiedlich. Wir haben nun noch einmal nachgeschärft und Mindestanforderungen definiert. Einige Jugendmitarbeitende sind Diakoninnen oder Gemeindepädagogen und damit voll ausgebildet. Wenn ein Jugendmitarbeiter z.B. Erzieher ist, kann über die Nordkirche nachqualifiziert werden. Das kann nebenberuflich mit Wochenendseminaren passieren. Nicht zuletzt mit Blick auf die Prävention sexualisierter Gewalt verlangen wir auch ein erweitertes Führungszeugnis.
Welche Ideen gibt es derzeit im Kirchenkreis, die Jugendarbeit in die Zukunft zu führen?
Ein Plan, den wir jetzt umsetzen, ist die Stärkung des Kindergottesdienstes. Unser Jugendwerk ist nicht nur für Jugendliche, sondern auch für Kinder und junge Erwachsene zuständig, also für die gesamte Altersgruppe von 0 bis 27 Jahren. Die Forschung zeigt, dass Kinder mit 6 bis 8 Jahren ihren Wertekanon aufbauen. Es gilt also schon früh mit der Bildungs- und auch mit der Beziehungsarbeit – denn Jugendarbeit ist immer Beziehungsarbeit – zu beginnen.
Können Sie das näher erläutern?
Sehr gern. Ich denke, wir sollten die Arbeit mit Kindern viel ernster nehmen. Damit meine ich hinausgehend über das viele Gute, was in unseren Kitas passiert. Ich würde mir wünschen, dass jede Kirchengemeinde einen Kindergottesdienst oder ein ähnliches Angebot hat. Eine Mischung aus Bewegung, religiösem Liedgut und Kinderbibelstunde, ansprechend gestaltet. Der Konfirmandenunterricht KU4 in der vierten Klasse ist zwar eine tolle Sache, aber wenn es der erste Kontakt zur Kirche ist, dann kommt das schon fast zu spät. Wir haben bereits vorher die Chance. Und wenn Kinder bereits Kontakt zu uns haben, haben sie auch ein offenen Ohr für die Jugendarbeit und den Konfirmandenunterricht.
Wollen Sie eine Kindergottesdienst-Offensive starten?
In einigen Gemeinden entwickeln sich bereits jetzt tolle Konzepte wie die Kirche Kunterbunt in Kiebitzreihe. In Kellinghusen ist ein ähnliches Konzept für den 15. September geplant, und andere Gemeinden wie St. Nikolai-Elmshorn oder Kremperheide bieten wieder den klassischen Kindergottesdienst parallel zum Sonntags-Gottesdienst an. Es gibt noch mehr gute Beispiele. Unser Kirchenkreis-Jugendwerk hat gerade die Beauftragungen verstärkt für genau diese Arbeit. Da wollen wir beraten, unterstützen und gegebenenfalls mit anschieben.
Und wie geht es dann mit den Jugendlichen weiter? Was ist eine gute Jugendarbeit?
Es kommt auf die Gegebenheiten vor Ort an. Jugendarbeit kann eher sozialdiakonisch orientiert sein und Möglichkeiten für benachteiligte Jugendliche bieten. Oder sie kann als Gemeinschaft mit spirituellen Elementen gestaltet werden. Wichtig ist mir dabei zu betonen, dass Jugendarbeit nicht verzweckt werden sollte. Wir wollen nicht Jugendarbeit machen, um dann vor allem Kirchensteuerzahlende zu bekommen. Sondern wir laden junge Menschen ein und bieten Kontaktflächen. Das tun wir, weil wir glauben, dass wir gute Angebote haben. Wir vermitteln Jugendlichen, wofür Kirche steht. Unser allererstes Ziel ist, dass Kinder und Jugendliche selbstbestimmt wachsen können.