"Wir haben uns heute Abend in der Stadtkirche versammelt, nicht nur weil es der größte Raum in Glückstadt ist. Dieser Raum erinnert uns auch daran, dass wir Herausforderunen nur gemeinsam bestehen", sagte Pastor Stefan Egenberger am Freitagabend in Glückstadt. Er wies die Sozial- und Integrationsministerin Aminata Touré auf ein Loch im Kronleuchter hin, dass von einem Granatsplitter der Napoleonischen Besatzung aus dem 17. Jahrhundert stamme. Mindestens genau so lange sei die Stadtkirche schon ein Raum für Austausch für die Glückstädterinnen und Glückstädter, auch in brisanten Themen. An die Bürgerinnen und Bürger appellierte er, dass sie fair miteinander umgehen und unterschiedliche Meinungen gelten ließen. "Wir möchten in Zeiten wie diesen die Möglichkeit bieten, miteinander zu sprechen ohne sich gegenseitig zu beleidigen", so der Pastor weiter.
Grund für die Versammlung in der Stadtkirche war, dass das Land Schleswig Holstein in Glückstadt eine Landesunterkunft für Geflüchtete eröffnen will. Auf Einladung von Bürgermeister Rolf Apfeld war die Ministerin nach Glückstadt gekommen, um die Fragen der Glückstädterinnen und Glückstädter zur geplanten Einrichtung zu beantworten. Der Notbetrieb soll schon Ende dieser Woche starten und nicht, wie zunächst angedacht, erst in sechs Wochen. Das machte Touré als verantwortliche Ministerin während der Veranstaltung deutlich.Täglich kämen rund hundert Geflüchtete nach Schleswig Holstein, man brauche dringend neue Unterbringungsmöglichkeiten für die Erstaufnahme, so die Ministerin weiter.
Die Infoveranstaltung dauerte über zwei Stunden. Die Grünenpolitikerin sicherte dem Ort ihre Unterstützung zu, auch das ehrenamtliche Engagement wolle sie mit finanziellen Mitteln stärken.
In der Kirche war viel Raum für die Sorgen, Ängste und den Unmut der Bürgerinnen und Bürger. Es wurde aber auch deutlich, dass es noch immer eine große Hilfsbereitschaft vor Ort gibt.
Pastor Stefan Egenberger, der schon während der Flüchtlingskrise im Jahr 2015 die ehrenamtliche Hilfe in der Kirchengemeinde organisierte, sagte nach der Veranstaltung: "Ich sehe bei vielen Glückstädtern den Wunsch zu helfen. Geflüchtete in den leerstehenden Kasernengebäuden aufzunehmen, unterstützen wir als Kirche. Wir nehmen aber auch die Sorge wahr, dass Glückstadt mit 600 bis 800 neuen Geflüchteten an oder über die Grenze dessen kommt, was im Ort aufgefangen werden kann. Wir wünschen uns von Ministerin Touré im Sinne der ankommenden Menschen und der Bürgerinnen und Bürger, die Unterkünfte schrittweise zu belegen und im Kontakt mit der Stadt zu prüfen, wieviele Menschen nach Glückstadt kommen können. Ebenso wichtig ist uns, dass die Versorgung der Menschen in der Unterkunft gesichert ist, bevor sie herkommen.
Weiterhin wissen wir aus unseren Erfahrungen mit dem Willkommenscafé im Jahr 2015, wie wichtig ein Anlaufpunkt für Geflüchtete in der Stadt ist. Es ist wichtig sowohl für die Geflüchteten als auch für die Glückstädterinnen und Glückstädter. Durch Anlaufpunkte und Betreuung der Menschen können mögliche Konflikte schon vor dem Entstehen verhindert werden. Wir begrüßen, dass Ministerin Touré hierfür die finanziellen und personellen Ressourcen bereitstellen möchte. Wir werden diesbezüglich mit ihr Kontakt aufnehmen."