So lautet die Jahreslosung für das gerade begonnene, neue Jahr 2020. Ich muss bei dieser Losung an ein Lied der norddeutschen Band Element Of Crime denken. Darin heißt es: „Und du weißt, dass dein Vater sich fragt: ‚Wird er es bringen?‘ und deine Mutter sagt ‚nein‘ und aus endloser Menge erklingen ermunternde Rufe: ‚Jetzt musst du springen!‘“
Ein vermutlich junger Mensch steht auf dem Sprungbrett und sieht vor sich die ganze Reihe an Zweifeln und an Zuversicht, die wir im Leben so mit uns herumtragen. Er hört auch in sich die Rufe seiner Eltern, ihre Bedenken und ihre Erwartungen. Es gibt kein Zurück mehr, er muss springen. Ich finde, das ist ein ausgesprochen weises Bild für unser Leben. Nicht nur als Jugendliche oder als junge Erwachsene kommen wir an solche Punkte, an denen wir springen müssen. An denen es kein Zurück mehr gibt.
An solchen Wendepunkten unseres Lebens mögen wir so fühlen, wie die Jahreslosung es beschreibt: Getragen vom Glauben und gleichzeitig irritiert von Zweifel und Ungläubigkeit. Wir sitzen beim Arzt und haben Angst vor der Diagnose und sind uns zugleich sicher, dass alles gut werden könnte. Wir stehen vor der Tür, hinter der gleich die Prüfung beginnt, und schwanken zwischen dem Glauben an uns und unser Können und der Verzweiflung, nicht genug gelernt zu haben. Wir leben in einer Beziehung, in der das Vertrauen erschüttert wurde, und versuchen den Glauben aneinander wieder zu gewinnen.
Unser ganzes Leben besteht aus dem Spagat zwischen Glauben und Unglauben. Wir schauen fast immer hinein in die tiefen Täler, die die Hoffnungslosigkeit in unsere Lebenserfahrung gespült hat. Und wenn wir den Kopf heben, blicken wir auf grüne Auen, die ebenso dazu gehören und die wir eben nur mit einem gerade Rücken sehen können.
Der Satz unserer Jahreslosung sagt unüberbietbar kurz und prägnant, wie Glaube funktioniert: Er ist das Wagnis, Vertrauen zu haben wider die Vermutung des Scheiterns. Ohne Gewissheit und Versicherung
aber mit der Notwendigkeit glauben zu wollen, so kann Glaube wachsen. Niemand kann uns diese Sprünge abnehmen. Die Wahrheit Gottes ist keine Vernunftwahrheit, nur mit einem Sprung in den Glauben hinein kann man sich dieser Wahrheit nähern.
Ich glaube, hilf meinem Unglauben. Das ist für mich ein Glaubensbekenntnis, das ein Leben lang gilt.
Gedanken zum Monat
Von Propst Dr. Thomas Bergemann
„Ich glaube, hilf meinem Unglauben.“ (Markus 9,24)
Veröffentlicht am Mo 03.02.2020