Als Steffen Paar um 21 Uhr die Türen der Schäferwagenkirche schließt, ist er glücklich und heiser. Unzählige Gespräche liegen hinter ihm. "Die Leute haben mich mit allem konfrontiert: Sie haben Kritik an der Kirche geäußert und mir als Kirchenvertreter Vorwürfe gemacht. Aber sie haben auch ganz elementare Fragen gestellt: nach dem Sinn des Lebens, nach Vergebung, Schuld, Angst vor dem Tod und Krankheit. Das bunte Leben eben mit seinen vielen Facetten", fasst der Geistliche das Erlebte zusammen.
Propst Paar sucht immer wieder den Kontakt zu Menschen im öffentlichen Raum. "In Beziehung treten, das tun wir mit unseren Gebäuden, mit den Veranstaltungen, die es gibt. Aber es ist auch wichtig, auf der Straße zu sein. Dort ereignet sich Kirche und das, was wir Gott nennen, genauso."
Es seien vor allem die Begegnungen gewesen, die für Paar sehr kostbar waren: Zwei Frauen wollten einfach nur Kerzen anzünden. Schweigend blickten sie ins Licht, nahmen sich eine kurze Auszeit, während draußen vor der Tür das wilde Leben mit Musik und Stimmengewirr tobte. Es sei deutlich zu spüren gewesen, dass in diesem Moment in der Schäferwagenkirche noch etwas anderes im Raum war, so der Propst.
Steffen Paar berührte auch eine weitere Situation: Eine Frau wünschte sich von dem Geistlichen den Segen. Der habe sie so sehr ergriffen, dass sie ihn zurücksegnete. Für Propst Paar ein Geschenk. (Im evangelischen Glauben kann jeder und jede einen Menschen segnen)
"Muss es im Vaterunser nicht eher heißen "führe uns durch die Versuchung" als "führe uns nicht in Versuchung"? Entspricht das nicht vielmehr dem Gott, wie wir ihn uns vorstellen?" Mit dieser Frage konfrontierte ein weiterer Besucher den Propsten im Rahmen der Aktionen, worüber die beiden länger diskutierten.
Wenn Kirche sich im öffentlichen Raum zeigt, sind die Begegnungen nicht nur positiv. Für Propst Paar ist es wichtig, sich auch unangenehmen Situationen auszusetzen. Manchmal ließen sich Zweifel oder Vorurteile ausräumen. Manchmal diene man auch nur als Ventil, damit Leute ihrem Ärger Luft machen können. Diese Situationen seien aber sehr selten.
Drei Einsätze mit der Schäferwagenkirche beim Steinburger Abendmarkt im Juni, August und Oktober das sind in Zahlen: durchschnittlich 50 Personen in der Kirche, etwa 100 verschiedene Gesprächsparter*innen und 24 Segnungen. Etwa die Hälfte der Personen war Propst Paar bekannt, die andere Hälfte lernte er neu kennen.
Für Propst Paar steht fest, dass er mit dem Angebot weitermachen möchte, gerne zusammen mit anderen kirchlichen Akteuren, denn: "Es braucht gar nicht viel, damit sich Gott ereignet. Es braucht etwas, was Menschen zum Innehalten bringt. Vielleicht einen Raum, ein paar Teelichte, die man anzünden kann, und vor allem Begegnung."
Sehen Sie auf unserem Instagramkanal ein Video, wie der Transport der Schäferwagenkirche vonstatten ging. Spoiler: Es klingelt und es ist nicht der Eiswagen!