Noch ist nicht alles wieder aufgeräumt. An manchem Laternenmast hängt immer noch, durch Witterung oder Verzierungen vielleicht schon etwas angegriffen, ein Plakat mit dem freundlichen Gesicht einer Politikerin oder eines Politikers darauf oder auch mit einem ermutigenden Slogan.
Wir hatten die Wahl. Viele haben sich die Entscheidung nicht leicht gemacht, wollten alles richtig machen. Wer hat das beste Programm für das Klima, den Verkehr oder das Gesundheitssystem? Manche sind als Gewinner aus der Wahl hervorgegangen, andere konnten nur wenige Stimmen auf sich vereinen. Wer von einer Mehrheit gewählt worden ist, der kann schon stolz auf sich sein. Man traut ihm oder ihr etwas zu.
Auch Gott hat gewählt. Ob die Entscheidung leicht war, weiß ich nicht. Denn er hat nicht rot, grün, gelb oder schwarz gewählt, sondern gleich ein ganzes buntes Volk. Darauf kann man als erwähltes Volk schon ein bisschen stolz sein. Und Gott traut seinem Volk auch einiges zu. „Ich will dich segnen und du sollst ein Segen sein“, so hat er einmal zu Abraham, dem Stammvater Israels, gesagt.
Ein Segen für andere zu sein, das ist keine Kleinigkeit, sondern eine ziemlich herausfordernde Aufgabe. Ein Segen zu sein, das bedeutet, nicht nur für meine eigenen Interessen einzustehen, sondern auch das Wohlergehen der anderen im Blick zu behalten. Um ein Segen zu sein, dazu hat Gott sein Volk erwählt und dazu hat er es gesegnet. Werden die, die wir am Sonntag gewählt haben, uns auch zum Segen werden? Vielleicht wird ihnen der Vorschuss an Vertrauen, der ihnen mit ihrer Wahl geschenkt worden ist, ja zum Ansporn und zur Kraft.
Dass Gott uns als sein Volk ausgewählt hat - das kann stolz machen und Kraft schenken. Als von Gott erwählte Menschenkinder können wir aufrecht durchs Leben gehen, mit offenen Augen für die anderen.
Antje Eddelbüttel, Pastorin St. Nikolai, Elmshorn
