Rufe mich an in der Not!

Friedemann Ohms, Leiter der Gemeinschaft i.d. Ev. Kirche, Itzehoe

Es stirbt die geliebte Mutter, es folgt eine chronische Erkrankung des Hinterbliebenen.

Dann kommt der wirtschaftliche Absturz, Obdachlosigkeit, Alkohol- und Drogenabhängigkeit. Für viele beginnt der psychische und wirtschaftliche Abstieg mit dem Zerbrechen der Familie. Als Leiter einer Gemeinschaft, die bewusst für Menschen in schwierigen Lebenslagen Beratung und Begleitung anbietet, bin ich oft mit unvorstellbarem Leid konfrontiert. Es gibt verschiedene Strategien damit umzugehen.

Es gibt aber nichts Schlimmeres, als in der Not allein gelassen zu sein. Je länger ich diese Arbeit mache, um so klarer wird mir: Jeder – auch ich – könnte der Nächste sein.

Betroffene suchen oft die Schuld bei sich selbst. Es führt sie in die Dunkelheit heftiger Depressionen. Manch ein Betroffener hat aus Verzweiflung begonnen, Gott Vorwürfe für die Katastrophe seines Lebens zu machen. „Warum lässt Gott das zu?“

Ich halte das für eine gute und berechtigte Frage. So in der Not so zu fragen, bedeutet, Gott als wichtigen Faktor im eigenen Leben wahrzunehmen. In Ps. 50, 15 lesen wir: „Rufe mich an in der Not, so will ich Dich erretten.“ Ich muss also nicht nicht dabei stehen bleiben, Gott Vorwürfe zu machen. Ich darf mit ihm in Kontakt treten.

Ich habe auch schon in der Not zu Gott gerufen. Es ist nicht sofort etwas passiert. Da kommen Zweifel auf. Dann habe ich begriffen, dass Gebet kein Automatismus ist. Gott fordert Glauben von uns. Glauben heißt vertrauen. Mit dem Satz „Dein Wille geschehe,“ öffne ich mich für Gottes Liebe und seine Hilfe.

Friedemann Ohms
Leiter der Gemeinschaft i.d. Ev. Kirche, Itzehoe

Veröffentlicht am So 25.09.2022