Osterjubel?

Propst Dr. Thomas Bergemann

Ist Ihnen zum Jubeln zumute? Also mir fällt das schwer. Zwar scheint die Sonne wunderbar, während ich diese Zeilen schreibe. Und der Frühling erwacht überall:

Die Insekten fliegen und krabbeln los, die Vögel bauen Nester, der Rasen wächst, und ein Strauch vor meinem Haus steht in traumhafter Blüte. Doch, darüber kann ich jubeln! Und tue das auch, zumindest innerlich.

Aber ein Osterjubel? Der bleibt mir eher im Halse stecken. Oder in der Maske, die mich und andere schützt, aber auch schrecklich nervt. Die Perspektivlosigkeit kostet Kraft, die Ungewissheit, das endlose Hin und Her, die Ratlosigkeit auch derer, die entscheiden müssen.

Und mit einem Mal habe ich den Eindruck, dass wir damit den allerersten Christen ganz nahe sind. Ganz nahe dem, was wir über Ostern in den Evangelien lesen können. Denn da wird nicht gejubelt! Große Fragezeichen sieht man in den Gesichtern der Freundinnen und Freude Jesu. Sie sind überfordert – wie wir. Sie sind ratlos – wie wir. Sie sind genervt, weil sie hier das und dort jenes hören – wie wir. Sie wissen nicht, worauf sie sich verlassen können – wie wir.

Und erst ganz allmählich dämmert Ihnen eine Gewissheit, die dann allerdings die Welt verändern wird: Gott lässt mich nicht allein, niemals und unter keinen Umständen! Also auch nicht in der Einsamkeit meiner Wohnung, nicht im Krankenhaus, nicht im Pflegeheim, nicht mit meiner verschobenen Feier, nicht mit meinem geplatzten Urlaubstraum.

Gott überwindet alle Grenzen, sogar die Grenze des Todes. Und der bedroht manchen schon lange, bevor der letzte Atemzug getan ist. Wenn nämlich immer mehr Brücken zu anderen abbrechen und es so schrecklich still wird um sie oder ihn.

Gott aber ist da, möchte dich begleiten, dir neue Kraft schenken, dich zum Jubeln bringen – du musst ihn nur in dein Leben lassen.

 

 

 

Veröffentlicht am Sa 03.04.2021