In einer Karikatur wird ein Bettler gezeigt, der eine Tasse hinhält. Eine Frau streicht ihm über den Arm und sagt: „Versuch es mal mit Yoga. Das hat mir geholfen“. Der Rat geht schrecklich an dem Menschen und seinem Bedürfnis vorbei. Ein fröhliches „Versuch’s mal mit Gemütlichkeit“ wie im Dschungelbuch könnte ja noch mitreißen – aber das??
Wer Not begegnet, braucht etwas Wertvolles: Einfühlungsvermögen. Denken und Fühlen vom andern her. Haben wir das vielleicht verlernt? Man gibt gerne mal den Armen die Schuld an ihrer Armut. In Augenblicken eines Unglücks werden Handykameras gezückt und ohne Mitgefühl verbreitet. Handgemenge mit Rettungskräften sind keine Seltenheit mehr, und Beschimpfungen, weil sie notgedrungen Wege versperren.
Ein Hinweis des Propheten Jesaja dagegen lautet: „entzieh dich nicht deinem Fleisch und Blut!“ Das geht unter die Haut: der andere ist ein Mensch wie ich und du. Ich will also besser nicht zu schnell wissen, was diese Person braucht. Ich will erst fragen und zuhören, mich hineinfühlen, also ihr möglichst nahe kommen mit meinen Wahrnehmungen. Desto leichter fällt dann auch die Hilfe.
Noch eins: Frieden zu wahren nach innen und außen ist nicht allein eine politische Angelegenheit. Friedliche Gefühle füreinander hegen, friedliebende BürgerInnen sein, für Frieden eintreten ist etwas für alle. Jesus sprach sein „Selig sind, die Frieden stiften!“ ins normale Leben hinein. Denn es sind oft kleine Dinge mit denen wir zum Frieden beitragen können: versöhnende Schritte gehen, gute, versöhnliche Worte finden und Gaben geben, die wertschätzen. In Gemeinschaften tragen viele dazu bei, dass das Miteinander gelingt.
Ihre Susanne Otto-Kempermann, Pastorin in Hohenlockstedt