Ob es je so war, wie Lukas den Zusammenhalt und das öffentliche Ansehen der ersten christlichen Gemeinde an dieser Stelle seiner Apostelgeschichte beschreibt? Ich glaube ja eher, dass es ihm hier um das Ideal geht: So müsste es eigentlich sein, aber auch die Gemeinde besteht aus Menschen – und die sind eben leider nicht immer so einträchtig und scheitern darum immer wieder an dem selbstgesteckten hohen Anspruch…
Ich denke da auch an die Fernsehserie mit dem unvergessenen Heinz Schubert als Ekel Alfred, die vondi esem Ideal, das natürlich jeder Familie vorschwebt, ihren Namen bekam.
Dieser Tage kann man es leider fast nicht mehr vermeiden, damit „berieselt“ zu werden: „Wir halten zusammen und gehen deshalb auf Abstand“ plärrt es aus dem Lautsprecher im Supermarkt. Völlig sinnfreie „Hygienemaßnahmen“ werden in jedem Laden anders gehandhabt und die Verordnungen, die diese „Konzepte“ verlangen, sind in jedem Bundesland unterschiedlich. So entsteht oft sinnlose Schikane. Seniorenheime und sogar Hospize werden gegen Besucher abgeschirmt, als wären es Justizvollzugsanstalten. Vor manchen Baumärkten wird man durch Absperrungen genötigt, vor dem Betreten den gesamten Parkplatz zu umrunden.
Was aber noch viel beängstigender ist, ist die von so Vielen unwidersprochen hingenommene Grundstimmung, die durch die vielen sinnfreien Maßnahmen transportiert wird: Der Andere sei potentiell gefährlich; ich solle mich vor ihm und ihn vor mir schützen. An sich selbstverständliche Dinge seien nicht möglich: Dabei sind sie in Wirklichkeit nur derzeit verboten, aber möglich wären sie schon. Und es ist dringend nötig, den Sinn jeder einzelnen Freiheitsbeschränkung und vor allem jeder der leider alltäglich gewordenen Gängelungen zu hinterfragen – und gegebenenfalls auf Schikane zu verzichten.
Wir sollten die Krankheit ernst nehmen, aber nicht in Panik verfallen: Damit wir auch mit Abstand und Vorsicht ein Herz und eine Seele bleiben.
Pastor Jörg Heinrich, Horst / Itzehoe
