Liebe Leserinnen und Leser,
„Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ist auf seiner Schulter; und er heißt Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater, Friede-Fürst; auf dass seine Herrschaft groß werde und des Friedens kein Ende.“ Groß ist diese jahrtausende alte Hoffnung des Propheten Jesaja. Genauso groß ist die Sehnsucht nach ewigem Frieden und weiser Herrschaft. Christinnen und Christen lesen diese Verse auf Jesus hin. Und doch wird man zugeben müssen, dass es noch längst nicht so ist wie Jesaja es voraussieht. Seine Hoffnung auf Frieden: „Jeder Stiefel, der mit Gedröhn daher geht, und jeder Mantel, durch Blut geschleift, wird verbrannt und vom Feuer verzehrt.“, ist in weiter Ferne.
In diesem Jahr sind die Kirchen an Heiligabend zum ersten Mal, seit wir mit Corona leben müssen, wieder frei zugänglich. Wird es Scharen von Menschen geben, voller Sehnsucht nach dem Friede-Fürst, die mit mir in die Kirche strömen? Oder sind diese alten Texte etwas fürs Museum, weil der Traum des Jesaja zu unrealistisch erscheint? Die Krise des Krieges ist ja unmittelbar spürbar, auch in den weniger beheizten Kirchen. Ich merke, wie unbehaust ich mich mitunter fühle. Zu lange war es notwendig, Kontakte zu reduzieren, und zu groß sind gegenwärtig die Aufgaben. Unbehaust wie draußen auf dem Felde, denke ich. Nur die Schafe fehlen noch. So werde ich mich rufen lassen, vom Feld hin zur Krippe. Denn diese Kraft brauche ich. Den Luxus, auf die Hoffnung auf den Friede-Fürst zu verzichten, kann ich mir nicht leisten. Und dann geht es wieder hinaus in die Welt – voller Kraft und neuem Frieden im Herzen. Ich wünsche Ihnen allen ein Frohes Weihnachtsfest.
Ihr Thielko Stadtland, Propst im Kirchenkreis Rantzau-Münsterdorf
