Dank für Ernte und Geschenktes

Thielko Stadtland, Propst im Kirchenkreis Rantzau-Münsterdorf

Wer hat heute noch den Mut, Saat auszubringen, von der wir selbst nie die Ernte sehen werden?

„Wir pflügen und wir streuen den Samen auf das Land…“, so beginnt ein Erntedank-Lied. Im Zentrum des Festes steht der Dank für Ernte und Geschenktes. Nur wenige von uns streuen noch wirklich Samen aus. Vielleicht als Landwirt oder als Gärtner. Wenn die Samen nicht aufgehen im eigenen Garten, oder der kleine Salatkopf den Schnecken große Freude macht, dann gibt es keine Ernte für uns. Dass wir ernten können, ist nicht selbstverständlich. Wir können unseren Teil beitragen. Für eine erfolgreiche Ernte aber muss alles passen.
Die Ernte einzufahren, das macht Freude. Das Säen auch, weil es mit Hoffnung verbunden ist. Doch wie ist es, wenn wir säen ohne Aussicht selbst von der Ernte zu profitieren? Ich erinnere mich an einen Forstwirt im Sauerland, dessen Nadelbaum-Bestand von einem Sturm komplett vernichtet wurde. Er erzählte mir, den Laub-Mischwald habe er in der Hoffnung gepflanzt, dass ein Enkelkind in 70 bis 80 Jahren einmal das Holz „ernten“ würde. Oder ich denke an die Bauleute des Kölner Doms, die zu Baubeginn 1248 nicht wussten, dass sie das Ergebnis – die Frucht ihres Tuns – sehen würden. Über 600 Jahre hat es gedauert. Ein echtes Gemeinschaftswerk.
An Erntedank schauen wir auf all die Gaben in unserem Leben und danken. Wir wissen, „…Wachstum und Gedeihen steht in des Himmels Hand.“ Gibt dieser Dank uns auch den Mut, heute eine Saat auszubringen, von der wir selbst nie die Ernte sehen werden? Heute Demokratie neu pflanzen, damit unsere Enkel noch Demokratie erleben? Ich wünsche uns allen den Mut, fortwährend zu säen und zu pflanzen. Und die Hoffnung und das Vertrauen auf Gott, der seins dazutut.

Ihr Thielko Stadtland
Propst im Kirchenkreis Rantzau-Münsterdorf

Veröffentlicht am Fr. 04.10.2024