Interview - Das Gemeindepfarramt lockt mit Verbindlichkeit

Herr Pachnicke, Sie wechseln ins Gemeindepfarramt. Ist Ihnen die Lust auf weltweite Kirche vergangen?

Pachnicke: Ganz und gar nicht! Weltweite Kirche beginnt doch vor Ort, in einer Gemeinde. Im Rahmen meiner Kirchenkreis-Stelle fliege ich als Experte kurz in eine einzelne Gemeinde ein, um sie bei der Partnerschaftsarbeit zu unterstützen. Nun habe ich mich um einen eigenen Landeplatz beworben.

Wollen Sie Ihre jetzige Arbeit in der neuen Gemeinde als Schwerpunkt fortsetzen?

Ich denke, erst einmal wird der laufende Gemeindealltag die Arbeit bestimmen. Schon im Kirchenkreis habe ich sehr gern Konfirmandenunterricht und Gottesdienste
gestaltet. Nun habe ich richtig Lust auf die komplette Gemeindearbeit, mit all ihrer Verbindlichkeit. Dabei bleibe ich weiter in ökumenischen Bezügen, zum Beispiel im Zentrum für Mission und Ökumene.

Viele Pastoren bemühen sich eher um eine übergemeindliche Arbeit - ohne Dienstwohnung und mit mehr Möglichkeiten, Arbeit und Feierabend zu trennen. Läuten Sie den Gegentrend ein?

Ich habe immer zu schätzen
gewusst, was eine Kirchenkreisstelle für Freiheit bietet - für die Arbeit und das Leben drumherum. Aber ich habe mir schon lange den direkten, kontinuierlichen Kontakt der Gemeindearbeit gewünscht. Außerdem freue ich mich, bald in einem Pfarrteam zu arbeiten.
Meine allererste Gemeindestelle übrigens, nach fast zehn Jahren in der Ökumenischen Arbeitsstelle.

Wie sehen Sie die Ökumenische Arbeitsstelle im Rückblick?

Durch meine Ostafrika-Erfahrung war die Partnerschaftsarbeit des Kirchenkreises und der Gemeinden immer ein Schwerpunkt und Ausgangspunkt meiner Stelle. Von dort aus habe ich mich Themen wie Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit und der Umsetzung bei uns zugewandt. Ich habe in zehn Jahren kontinuierlich den Schnee auf dem Kilimandscharo weniger werden sehen. Klimawandel war bei unseren Partnern direkt sichtbar. Mein Nachfolger kann das weiterführen oder Schwerpunkte ändern.

Welche Möglichkeiten gibt es, Schwerpunkte zu setzen?
Eine Überschrift für die Arbeitsstelle könnte „Gerechtigkeit“ lauten. Ich habe das hauptsächlich durch die Partnerschaftsarbeit gelernt. Für die gewachsenen internationalen Kontakte der
Kirchengemeinden wären die
vielen direkten Begegnungen
natürlich weiterhin eine hilfreiche
Unterstützung. Aber genauso können Umweltschutz oder Eine-Welt-Projekte gestaltet werden, ohne dass Kenia dafür der Ausgangspunkt ist. Jeder meiner Kollegen in anderen Kirchenkreisen hat da sein eigenes Stand- und Spielbein. Für mich war die nordkirchenweite Vernetzung der Stellen eine große Unterstützung, auf immer wieder andere Art an „Gerechtigkeit“ heran zu gehen.

Was bringt einer Kirchengemeinde die Partnerschaftsarbeit?

Vielen hat sie eine neue, weitere Perspektive eröffnet. Durch
Begegnung mit Fremden lernen wir nicht nur den anderen, sondern auch uns selbst so richtig kennen. Das verändert unsere Sicht auf uns, unseren Lebensstil und unsere
Kirche. Immer wieder betonen alle Beteiligten, wie sehr sie darüber in weltweite Netze hineingekommen sind. Ökumene ist somit eine positive Form von Globalisierung.

Veröffentlicht am Mo 23.01.2017